Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Lehnert, Sehr geehrte Frau Bauer,
werte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates,
einmal mehr haben wir grundsätzlich ernüchternde Zahlen vorgelegt bekommen und zum x-ten Mal wird – zumindest von allen Realisten – ein strukturelles Defizit konstatiert.
Es ist richtig und wichtig, dass wir trotz dieser Zahlen nicht in einen Vogel-Strauss-Modus verfallen – das hat noch nie geholfen. Man kann von der seit 2018 eingeführten Doppik halten, was man möchte, jedoch greift es viel zu kurz, wenn man sie als dumm abtut. Sie legt eben schonungslos offen, was man über Jahrzehnte kaschiert hat und was die höheren Ebenen in Bund und Land weiterhin kaschieren.
Himmelschreiend inkonsequent ist es natürlich, dass Bund und Land eben diese Doppik nicht anwenden. Dazu gibt es im Übrigen höchst interessante Bundestags-Drucksachen mit hanebüchenen Begründungen, warum das beim Bund gar nicht so sinnvoll sein soll, sowie Mitteilungen des Landesinnenministeriums – passenderweise auf einer Unterseite namens „starke Kommunen“. Frei nach dem Motto „Humor ist, wenn man es selber nicht bezahlen muss“.
Denn das zweite – an dieser Stelle schon oft zurecht gescholtene Versäumnis von Bund und Land ist der täglich zu spürende Verstoß gegen das Bestellerprinzip, ganz zuvorderst beim Thema Bildung und Betreuung. Es gab nur ein einziges Mal eine Linderung dieses Schmerzes und zwar durch die damalige grün-rote Landesregierung. Alle anderen Bundes- und Landesregierungen haben – einschließlich meiner eigenen Partei – in diesem Bereich jämmerlich versagt.
Denn während sich Bund und Land weiterhin in die eigene Tasche lügen, dürfen wir die Zeche im wahrsten Sinne des Wortes doppelt bezahlen. Wir schultern die ehrliche Doppik und größtenteils die sinnvoll eingesetzten aber natürlich insgesamt horrenden Kosten für Bildung und Betreuung.
Trotz allem Ärger über Andere müssen wir uns auf das konzentrieren, was wir selber beeinflussen können:
Frau Bürgermeisterin Lehnert, Sie haben in Ihrer Haushaltsrede davon gesprochen, dass wir die Einnahmenseite stetig ausbauen müssen. Da pflichten wir Ihnen bei und betonen, wie in den Jahren zuvor, dass eine nennenswerte Steigerung nur im Bereich Gewerbesteuer möglich sein wird und dass dies mit Augenmaß, aber auch mit Nachdruck weiterverfolgt werden muss.
Die Personalkosten sind natürlich nochmals ordentlich angestiegen, wobei man klar sagen muss, dass die teilweise erstreikten höheren Löhne und Gehälter ihre absolute Berechtigung haben angesichts der immensen Teuerungsraten der letzten 2 Jahre. Wir sollten daher die Haushaltsdebatte nicht auf dem Rücken des Personals austragen.
Wir unterstützen auch ausdrücklich die personelle Aufstockung in der Verwaltung, da hier dasselbe gilt, wie bei den Personalaufwendungen für die Kinderbetreuung: wer am falschen Ende spart, den bestraft am Ende des Tages die Realität und man wird wirklich ein Schlaf-Vorort wie mancher heute schon unkt, jedoch unter Verkennung möglicher Ursachen.
Am falschen Ende gespart wäre es im Übrigen auch, wenn wir unsere Vereine zu sehr im Regen stehen lassen würden. Daher muss die Vereinsförderung eventuell zielgenauer werden, aber Kürzungen sind angesichts der erhöhten Belegungsgebühren nicht angebracht. Ähnliches gilt für Steuern und Abgaben insgesamt, sowie den vom Kollegen Fleischmann angesprochenen Kostendeckungsgraden. Die entsprechenden Stellschrauben sollte man, wenn dann, behutsam drehen, da der größte Teil der Bevölkerung die vorhin erwähnten Teuerungsraten im Alltag nicht und schon gar nicht im Verhältnis 1:1 über Lohnanpassungen ausgeglichen bekommen hat.
Angesichts der finanziellen Situation wird die Priorisierung der angedachten Maßnahmen im Fokus stehen müssen die nächsten Jahre. Dabei drängen sich die Entwicklung einer lebendigen Großingersheimer Ortsmitte genauso auf, wie der Kleiningersheimer Schönblick. Bei einer Trennung von Liegenschaften darf es zwar keine heiligen Kühe geben, aber die Bevölkerung sollte man dabei, soweit sinnvoll und möglich in den Entscheidungsprozess miteinbeziehen und – wie man so schön sagt – mitnehmen.
Bei einem „Ort der Wirklichkeit“ sollten wir nicht verharren, denn die Wirklichkeit kann, wie wir an diesem Haushalt sehen, auch durchaus eine etwas demotivierende Wirkung haben – ein „Ort der Verwirklichung“ sollte Ingersheim werden und dafür wurden in den letzten Jahren erste Weichen gestellt und Dinge aufs Gleis gebracht – auch wenn Bahn-Metaphern in diesen Zeiten abschreckend wirken mögen.
Wenn wir es jetzt noch schaffen und den Mut haben von der Regionalbahn auf den ICE zu wechseln und uns die wirtschaftliche Gesamtsituation keinen Strich durch die Rechnung macht, dann sollten wir in ein paar Jahren auch wieder über positivere Zahlen sprechen können.
Wir bedanken uns ausdrücklich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, sowie der Gemeinde insgesamt, also auch dem Bauhof, der Kinderbetreuung und Schule, sowie der Sozialstation und stimmen dem Haushaltsplan 2024 zu.